Kambodscha

Arm und traumatisiert

Zwei Jahrzehnte relativer Stabilität haben Kambodscha gut getan nach einem Bürgerkrieg und der Schreckensherrschaft der Roten Khmer in den 1970er Jahren. Doch jene Zeit wirkt nach. Die traumatischen Jahre sind ein Grund dafür, dass Kambodscha arm ist, dass der Zugang zu Schulen ungenügend ist und die Gesundheitsversorgung schlecht, dass viele Leute psychisch angeschlagen sind.

Textilproduktion ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, doch der Tourismus hat zugelegt. Die meisten Leute sind aber Kleinbauern, die sich selbst versorgen. Trotz zunehmender Teilhabe an der Weltwirtschaft zählt Kambodscha nach wie vor zu den ärmsten Ländern weltweit.

 

Die vielen Armen in Kambodscha haben es schwer. Korruption ist gang und gäbe, vom Schulwesen bis zum Justizsystem. Wer nicht bezahlen kann, wird benachteiligt. Arme sind gefährdeter als andere, in die Fänge von Menschenhändlern zu geraten.

 

Unsere Hilfe in Kambodscha

Menschenhandel

  • Betreuung, Ausbildung und Wiedereingliederung ehemaliger Opfer.
  • Schulische Förderung traumatisierter und verletzlicher Kinder.
  • Weiterbildung für Seelsorger und Therapeuten anderer Hilfsorganisationen.
  • Hilfe für ausgebeutete Migranten, die ins Land zurückgekehrt sind.

Ausführliche Informationen zu Kambodscha

1953 löste sich Kambodscha aus der französischen Kolonialherrschaft. Während Grossmächte über verbündete Staaten in der Region ihre Konflikte austrugen, blieb es in Kambodscha vorerst ruhig. 1970 hingegen wurde es in den Vietnamkrieg hineingezogen.

 

Ein zerstörtes Land

1975 übernahmen die Roten Khmer die Macht. Ihrem Schreckensregime fielen unzählige Menschen zum Opfer, Schätzungen gehen von 1,7 bis weit über 2 Millionen. Sie wurden umgebracht oder starben an den Folgen von Zwangsarbeit, Hunger oder mangelhafter gesundheitlicher Versorgung. Kambodscha verlor etwa ein Viertel seiner Bevölkerung, darunter fast die gesamte Elite. 1979 besetzte Vietnam das Land, aber friedlich wurde es nicht: Die Roten Khmer verlegten sich auf einen Guerillakrieg gegen die Besatzer. Zehn Jahre dauerte es, bis ein Friedensabkommen zustande kam.

 

1993 fanden erstmals freie Wahlen statt. Das Land war am Boden, aber immerhin nahm der Kampf gegen Armut und Unterentwicklung rasch Fahrt auf und Kambodscha erzielte in vieler Hinsicht Fortschritte. Im Zuge der Globalisierung wuchs seine Volkswirtschaft sehr schnell. Trotzdem bleibt Kambodscha eines der ärmsten Länder Südostasiens. Etwa ein Drittel der 16,8 Millionen Einwohner lebt in extremer Armut. Mindestens jeder zehnte Haushalt hat Mühe mit der Lebensmittelversorgung. 80 % der Bevölkerung lebt von Subsistenzlandwirtschaft.

 

Nominell ist das Land eine Demokratie, doch es wird von harter Hand geführt. Regierungschef Hun Sen ist seit 1985 im Amt und in dieser Zeit sehr reich geworden. Seine Partei kontrolliert das Geschehen im Land, oppositionelle Kräfte werden schikaniert und behindert. Die Wahlen 2018 wurden von westlichen Ländern nicht als demokratisch anerkannt. Korruption und Machtmissbrauch sind weit verbreitet.

 

Eine Generation ohne Schulbildung

Die Roten Khmer zerstörten das Bildungswesen: Lehrkräfte wurden getötet, Schulen stillgelegt, eine ganze Generation wuchs ohne Schulbildung auf. Noch heute gibt es zu wenig Lehrkräfte, in manchen Dörfern werden nicht einmal sechs Jahre Primarschule angeboten. «Geschenke» an Lehrer oder die Schulleitung helfen, einen Schulplatz zu ergattern. Arme können nicht mithalten und so bleibt vielen eine Schulbildung verwehrt.

 

Posttraumatische Störungen sind verbreitet. Sie sind eine Spätfolge der Schreckensherrschaft der Roten Khmer, als viele Menschen Angehörige verloren und schwersten Demütigungen oder Folter ausgesetzt waren. Behandlungen für Betroffene gibt es kaum. Der Missbrauch von Medikamenten, Alkohol und Drogen ist alltäglich, die Suizidrate hoch.

 

Viele Vergewaltigungen

Ist der schlechte psychische Zustand vieler Menschen wohl mitverantwortlich für die zahlreichen Vergewaltigungen im Land? Gemäss einem UNO-Bericht von 2013 gab einer von fünf Männern zwischen 18 und 49 zu, schon einmal eine Frau vergewaltigt zu haben. Davon gestanden 16 %, das Opfer sei jünger als 15 gewesen. Nur wenige Vergewaltigte wagen den Gang zur Polizei. Einerseits fürchten sie, stigmatisiert zu werden, andererseits haben insbesondere Arme kaum eine Chance, Gerechtigkeit zu erfahren, denn Täter können sich leicht freikaufen.

 

Sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern ist ein grosses Problem. Kambodscha hat den traurigen Ruf, ein Paradies für Pädophile zu sein. Zudem ist käuflicher Sex in Kambodscha billiger als beispielsweise in Thailand. Auch Strassenkinder bestreiten ihren Lebensunterhalt mit Prostitution.

 

Armut führt zu Ausbeutung

Zusammen mit dem Sexgeschäft grassiert auch der Menschenhandel. Opfer – Männer, Frauen und Kinder – kommen meist aus ländlichen Gegenden und oft fängt es damit an, dass jemand in einer Notlage einen Kredit aufnimmt. Die Zinssätze sind horrend, so dass der Kreditnehmer bald schwer verschuldet ist. Taucht dann jemand auf und redet von guten Löhnen im Ausland, packt mancher die vermeintliche Chance. So geraten viele in die Fänge von Menschenhändlern und enden als Zwangsarbeiter, Sklaven, Prostituierte. «Armen fehlt die nötige Bildung, um solche Angebote zu durchschauen. Sie sehen nur den freundlichen Mann, der ihnen Geld verspricht», erklärt der Leiter eines Rehazentrums für ausgebeutete Kinder.

 

Quellen

Kambodscha, www.liportal.de, 6.April 2020 (Das Portal wurde am 30.06.2021 geschlossen.)

Kambodscha, www.bmz.de, 6. April 2020

Von der Armut in die Sklaverei , www.tagblatt.ch, 15.04.2016

Zweifelhafter Ruf, www.dandc.eu, 20.3.2015

Gefangen auf dem Meer, www.welt-sichten.org, 30.01.2010

Kambodschanische Arbeitsmigrant*innen und Netzwerkbildung in Thailand, www.suedostasien.net, 25.02.2019

Breaking the Silence – Sexual Violence in Cambodia, Amnesty International, 2010

 

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