Kasachstan

Reiche Bodenschätze – arme Menschen

Kasachstan hat viele Vorteile auf seiner Seite. Insbesondere verfügt das neuntgrösste Land der Welt über reiche Bodenschätze und liegt an einem strategisch wichtigen Punkt zwischen Asien und Europa. Nach der Unabhängigkeit 1991 verzeichnete Kasachstan einen bemerkenswerten Aufschwung. Allerdings haben nicht alle profitiert: Während die Sippe von Langzeitherrscher Nasarbajew und einige Oligarchen sehr reich geworden sind, führen viele Kasachen ein äusserst bescheidenes Leben ohne Perspektiven auf Besserung. Mitverantwortlich dafür ist die grassierende Korruption.

Kasachstan wird autoritär regiert, der Staatspräsident hat weitreichende Befugnisse. Zu Sowjetzeiten dominierte die staatliche Rüstungsindustrie. Noch heute beherrschen staatliche und halbstaatliche Unternehmen die Wirtschaft und lassen privaten Initiativen wenig Spielraum.

Die meisten Kasachen sind Muslime, der Islam wird staatlich gefördert als Teil der nationalen Identität. Grundsätzlich gilt Religionsfreiheit, doch übt der Staat eine enge Kontrolle aus. Dieser Kontrolle unterworfen sind auch christliche Gemeinden. In den Städten sind viele Menschen nur nominell Muslime, auf dem Land hingegen nehmen viele den Islam sehr ernst. Entsprechend ist es für Christen in ländlichen Gebieten schwieriger, ihren Glauben frei zu leben.

 

 

Unsere Hilfe in Kasachstan

Humanitäre Hilfe

  • Lebensmittel für bedürftige Familien, Rentner und Behinderte.

 

 

Ausführliche Informationen zu Kasachstan

Der Name Kasachstan bedeutet «Land der Wanderer». Er passt zum Land, das jahrtausendelang von Nomaden bevölkert wurde. 1919 wurde die kasachische Steppe unfreiwillig zu einer Sowjetrepublik. Die Nomaden – drei Viertel des Volkes – wurden gezwungen, sesshaft zu werden. So konnte man sie besser kontrollieren. Die Folge war eine Hungersnot, die zwei Millionen Menschenleben forderte. Während der Stalin-Herrschaft errichtete Russland auf kasachischem Boden viele Zwangsarbeitslager und füllte sie mit deportierten Gefangenen.

 

Von einer Diktatur in die andere
1991 wurde Kasachstan ein unabhängiger Staat, der neuntgrösste weltweit. Allerdings erfolgte keine Demokratisierung, sondern ein autokratisches Präsidialsystem. Über 30 Jahre lang führte Nursultan Nasarbajew das Land mit harter Hand und begleitet von einem stetig wachsenden Personenkult. Lange wurde wenig Kritik laut, weil es dem Land wirtschaftlich recht gut ging und Stabilität herrschte. Vermehrt begannen sich aber Menschen daran zu stören, dass einige sehr reich werden, während viele trotz Anstrengung nicht aus der Armut herauskommen. Fehlende Perspektiven sowie zunehmender Nepotismus und Korruption trübten schliesslich Nasarbajews Ansehen. Überraschend wurde er 2019 durch den vormaligen Senatssprecher abgelöst.

 

Vielvölkerstaat
In Kasachstan leben Menschen aus 120 Nationen. Die turksprachigen Kasachen bilden mit etwa zwei Dritteln die Mehrheit, gefolgt von rund 20 % Russen. Einst lebten über 9 Millionen Deutsche im Land, doch die meisten von ihnen zogen nach der Unabhängigkeit nach Deutschland. Die verbliebenen Deutschstämmigen sind eine von vielen ethnischen Minderheiten.

Die wirtschaftliche Neuorientierung nach der Unabhängigkeit war schwierig, denn die Sowjetunion hatte Kasachstan ein verzwicktes Erbe hinterlassen: Rüstungsbetriebe, die für Russland produzierten, machten über 90 % der Wirtschaftsleistung aus. Dazu erbte Kasachstan riesige Umweltprobleme, insbesondere das verseuchte Atomtestgelände von Semipalatinsk und den fast ausgetrockneten Aralsee.

 

Armut trotz Rohstoffreichtum
Kasachstan verfügt über Öl, Gas, Uran und weitere Rohstoffe. Der Grossteil davon wird exportiert und entsprechend abhängig ist das Land von den Rohstoffpreisen auf dem Weltmarkt. Staatliche und halbstaatliche Unternehmen dominieren die Wirtschaft und lassen privaten Unternehmen wenig Spielraum.

Der Lebensstandard ist bescheiden: Ausserhalb der Städte fehlt es oft an grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung. Das ist ein Grund, weshalb sich ländliche Gebiete entvölkern und die Städte wachsen. Kommt hinzu, dass der einst verbreitete nomadische Lebensstil im Sozialismus als rückständig galt, was Spuren im kasachischen Bewusstsein hinterlassen hat.

 

China vergrössert seinen Einfluss
Kasachstan ist für China ein bedeutender Handelspartner und strategisch wichtig für die so genannte neue Seidenstrasse («Road and Belt»-Initiative). Mit diesem Projekt will China Handelswege für seine Güter ausbauen und gleichzeitig seinen Einfluss in der Welt vergrössern. 2015 wurden in Kasachstan rund 12’500 Kilometer Strasse und über 2’500 Kilometer Gleise neu gebaut oder saniert. Kasachischen Medien zufolge verkehrten 2018 fast 6'500 Güterzüge zwischen Europa und China, über die Hälfte davon über kasachisches Gebiet. Manche Kasachen sehen den wachsenden Einfluss Chinas kritisch, chinesische Arbeiter im Land bekommen Ablehnung zu spüren.

 

Religionsfreiheit mit beschränktem Nutzen
Die meisten ethnischen Kasachen sind Muslime, doch zu Sowjetzeiten war das Ausleben des Islams unterdrückt worden. Umso mehr wurde der Islam nach der Unabhängigkeit zu einem Symbol für die kasachische Identität. Die neue Religionsfreiheit führte zu einem Wiederaufleben der Religionen und es entstanden neue Gemeinden unterschiedlichster Konfessionen. Gleichzeitig ist der Anteil Russisch-Orthodoxer stark zurückgegangen, weil viele Russen und Ukrainer das Land verlassen haben. Der Anteil Protestanten und Katholiken ist mit dem Exodus von Deutschen und Polen ebenfalls geschrumpft.

Kasachstan ist laut Verfassung ein säkularer Staat, der die Religionsfreiheit garantiert, vorausgesetzt religiöse Gruppen lassen sich staatlich registrieren. Gleichzeitig ist der Islam ein wichtiges Element der nationalen Identität. Mit staatlichem Segen sind Moscheen errichtet worden und islamische Feiertage werden eingehalten. Religiöse Gruppierungen, die sich ausserhalb der staatlichen Kontrolle bilden und entwickeln, werden sehr kritisch gesehen. Dazu gehören auch Christen, die nicht den historischen Kirchen (orthodox, katholisch und protestantisch) angehören. Solche Gruppen werden vom Staat überwacht und sind in ihrem Wirken nicht frei. In ländlichen Gebieten erleben Christen auch aus dem Volk Ablehnung.

 

Noch viel zu tun im Kampf gegen den Menschenhandel
Kasachstan ist Durchgangs- und Bestimmungsland des Menschenhandels. Opfer werden sowohl sexuell als auch bei der Arbeit ausgebeutet. Kasachstan hat Anstrengungen im Kampf gegen den Menschenhandel unternommen, zum Beispiel das Opferhilfebudget erhöht, zusätzliche Schutzhäuser eröffnet und ein Gesetz abgeschafft, wonach sich Täter mit einer Geldzahlung an Opfer Straffreiheit erkaufen konnten. Noch genügen aber die Massnahmen nicht. Bemängelt wird insbesondere, dass ausländische Opfer kaum Unterstützung bekommen und dass Täter oft ohne Strafe davonkommen, weil Polizisten im Menschenhandel mitmischen oder weil die verbreitete Korruption Schlupflöcher bietet.

 

Quellen

Kazakhstan, The World Factbook, www.cia.gov, 11.06.2020
Sesshaftmachung als Unterwerfung – Die kasachischen Nomaden im Stalinismus, www.bpb.de, 15.06.2015
Kasachstan, www.liportal.de, 11.06.2020
Das Dorf und die Deutschen: Das kasachische Dorf mit dem ungewöhnlichen Namen Peterfeld, www.novastan.org, 27.01.2018
Fünf Stans auf der Suche, www.suedwind-magazin.at, Mai/Juni 2020, via www.novastan.org
Schwierigste Startbedingungen nach Zusammenbruch der Sowjetunion, www.presseportal.de, 16.12.2016
Kasachstan: Wirtschaftsumbruch mit Potential für KMU, www.s-ge.com, 03.04.2017
Kasachstan ein Land zwischen Wirtschaftswachstum und Armut, www.fides.org, 25.10.2017
Sechs Gründe für die antichinesische Stimmung in Kasachstan, www.novastan.org, 29.03.2020
Kasachstan, www.opendoors.de, 11.06.2020
Menschenhandel: die Situation in Zentralasien verschlechtert sich, www.novastan.org, 19.01.2021

 

 

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